WFL mobilCELL: Hybride Automatisierung als Zukunftsmodell

Frai Robotic Technologies entwickelt hochflexible Automatisierungslösungen, welche die Flexibilität und Produktivität im Bereich der mechanischen Fertigung wesentlich erhöhen können. Wir sprachen mit Geschäftsführer Franz Plasonig über die Übernahme durch WFL, aktuelle Herausforderungen sowie zukünftige hybride Automatisierungslösungen wie die neue mobileCELL.

Das Gespräch führte Ing. Robert Fraunberger, x-Technik.

 

Herr Plasonig, was hat sich bei Frai Robotic Technologies seit der Übernahme durch WFL geändert?

Durch die Übernahme sind zwei Welten verschmolzen, was sich in vielerlei Hinsicht äußerst positiv auf unser Unternehmen auswirkt.
WFL mit AUTANIA als großer Konzern im Hintergrund, gibt uns und damit auch unseren Kunden in herausfordernden Zeiten Sicherheit. Gleichzeitig kann die Firma FRAI mit der Flexibilität eines kleinen Unternehmens auf Kundenbedürfnisse kurzfristig eingehen.

Auch im Tagesgeschäft profitieren wir, da wir von vielen Themen entlastet sind und wir die professionell besetzten Abteilungen wie Buchhaltung, Lohnverrechnung, IT, Marketing und HR nutzen können.

Das lässt eine erhöhte Konzentration auf die Projekte, die Weiterentwicklung und die Kunden zu. Besonders hervorzuheben ist das weltweite Vertriebs- und Servicenetz von WFL, dass Zugänge zu Märkten und Regionen ermöglicht, die wir eigenständig mit unserem Qualitätsanspruch nicht erreichen könnten.

 

Die Nachfrage nach flexiblen Automatisierungslösungen nimmt nicht zuletzt durch den akuten Fachkräftemangel stetig zu. Mit welchen Anforderungen sind Sie derzeit am häufigsten konfrontiert?

Bedingt durch die aktuelle Situation zeigt sich, dass die Notwendigkeit nach mannarmer bzw. autonomer Fertigung immer größer wird. Längere Spindellaufzeiten sind die Basis für geringere Werkstückkosten.

Viele Unternehmen haben sehr oft Probleme, die Nachtschichten oder eben auch die Wochenenden im Schichtbetrieb zu besetzen.
Gleichzeitig haben unsere Kunden in der Regel keine Großserien, sodass Flexibilität ebenfalls eine Hauptanforderung darstellt. Automatische Greifer-Wechselsysteme bieten oft die Basis dafür. Intelligente Kamera-Systeme kommen häufig zum Einsatz, um einfach neue Werkstücke ohne Sonderschablonen automatisieren zu können.

 

Die Automatisierung von Kleinserien bzw. Wiederholteilen rückt also in den Mittelpunkt?

Das stimmt. Speziell bei kleinen Losgrößen ist es notwendig, nicht nur die klassische Be- und Entladung der Maschine durchführt, sondern auch Spannmittelwechsel und/oder Werkzeugwechsel übernimmt. Teilweise verschmelzen diese Anforderungen dann noch mit Themen aus der Logistik, wodurch man sehr schnell auch zum Thema Leitrechner oder Leitrechner-Funktionen kommt.

Als weitere Anforderung ist gerade bei automatischer Produktion auch oft die Teile-Verfolgbarkeit und die Produkthistorie zu berücksichtigen.

Sind all diese Anforderungen sauber analysiert, erarbeiten wir gemeinsam mit unseren Kunden eine maßgeschneiderte Lösung mit höchster Zukunftssicherheit und stehen auch zukünftig für Erweiterungen und Anpassungen unserer Anlagen als verlässlicher Partner zur Verfügung.

 

Werden mit ihren Lösungen ausschließlich WFL-Maschinen automatisiert oder auch andere Hersteller?

Wir verstehen uns als langfristiger Partner im Bereich Automation und haben uns daher in unserem 37-jährigen Bestehen Stammkunden aufgebaut.
Mit denen wollen wir natürlich weiter zusammenarbeiten. Schon alleine aus diesem Grund werden wir auch weiterhin andere Werkzeugmaschinen automatisieren.

Mit WFL gemeinsam haben wir jedoch einen entscheidenden Vorteil: Wir können neue technische Lösungen hausintern testen und zur Praxistauglichkeit unter Produktionsbedingungen weiterentwickeln.

Das daraus resultierende Wissen ermöglicht der Firma FRAI in vielen Bereichen eine Vorreiterrolle bei der Automation zu spielen. Somit befruchten sich die beiden Geschäftsfelder gegenseitig und wir können auch für andere Werkzeugmaschinen hochinteressante, neue Automationskonzepte anbieten.

 

Die auf dem WFL-Technologiemeeting vorgestellte mobileCELL ist so ein neues Automatisierungskonzept. Welche Vorteile sehen Sie in deren Einsatz?

Mit der mobileCELL haben wir eine Hybridlösung geschaffen, die im Wesentlichen die Vorteile von zwei Systemen vereint. Die klassische, flexible Roboterzelle, die für die Be- und Entladung der Bauteile und für weitere Handhabungsschritte entsprechend vorher angesprochener Optionen sorgt, wird mit den Möglichkeiten eines FTS verbunden.

Daher ist die Roboterzelle nicht mehr an einen Einsatzort gebunden und kann damit mehrere Maschinen und Stationen automatisieren, auch wenn Sie räumlich nicht in Linie oder unmittelbar im selben Bereich angeordnet sind.

Bauteile und Werkzeuge können zudem vollautomatisch aus einem zentralen Lager geholt und zu den jeweiligen Maschinen gebracht werden. Kombiniert mit mehreren Zwischenlagerplätzen auf der mobileCELL und einer intelligenten Software können Routen und Aufgaben zeitoptimiert erledigt werden.

 

Was passiert, wenn mal eine Maschine gewartet werden muss?

Maschinen können natürlich zeitlich befristet komplett aus dem Automatikzyklus genommen werden, z.B. wenn Sonderteile gefertigt oder eben Wartungen durchgeführt werden müssen. Man erhält volle Flexibilität und uneingeschränkten Zugang zur Maschine, wenn die mobileCELL keine Tätigkeiten an der jeweiligen Maschine durchführt.

Mit dem Konzept können auch umgekehrt weitere Maschinen und Stationen jederzeit integriert werden. Das gesamte System eignet sich besonders zum Nachrüsten an Bestandsmaschinen, da man, wie bereits gesagt, bezüglich der Anordnung und dem Hallenlayout sehr flexibel ist.

 

Welche Voraussetzungen müssen für den Einsatz geschaffen werden?

Es gibt im Prinzip keine speziellen Voraussetzungen, die über das hinausgehen, was wir heute in den Fertigungsbetrieben vorfinden. Die Fahrwege müssen entsprechend breit sein (3m), aber das ist bei normalem Gabelstaplerbetrieb heute auch schon in der Regel vorhanden.

Die Räder sind so ausgebildet, dass Dehnfugen und Schlitze, die wir bei Feuerschutztoren o.ä. kennen, unproblematisch überfahren werden können.

Ein virtueller Server und ein WLAN-Netz müssen vorhanden sein, aber auch das ist heute Industriestandard. Falls nicht, kann ein physikalischer Server sowie ein eigenes WLAN-Netz auch jederzeit kostengünstig eingesetzt werden.

Eine weitere Voraussetzung, damit eine mobileCELL sinnvoll verwendet werden kann, ist eine ausreichend lange Bearbeitungszeit an der Maschine, sodass das Wegfahren und die Abarbeitung anderer Prozessschritte hauptzeitparallel erfolgen kann.

 

Welches Kundenklientel sprechen Sie damit an?

Im Grunde genommen müssen die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sein, woraus sich auch der potenzielle Kunde ableitet. Ausreichend lange Bearbeitungszeiten, idealerweise >45min pro Bauteil und ein Bauteilgewicht ab 100kg, führen bei unserer Lösung zu besonders effizienten Projekten.

 

Welchen Ratschlag würden Sie abschließend unseren Lesern in Bezug auf Automatisierung/Digitalisierung der eigenen Produktion mit auf den Weg geben?

Aus meiner Sicht werden - wie auch schon in der jüngsten Vergangenheit - die Lebenszyklen der Produkte kürzer und man muss immer wieder auf Innovationen setzen.

Insbesondere sollte dann auch bei zukünftigen Automatisierungslösungen Wert darauf gelegt werden, dass diese einfach adaptierbar sind, um somit neuen Trends zu folgen. Die ganzheitliche Vernetzung der Produktion wird sicher ein wesentlicher Faktor für die Zukunft sein. Wichtig ist aus unserer Sicht, einen Automations-Partner zu haben, der nicht nur eine Anlage liefert, sondern für zukünftige Anpassungen, Erweiterungen, Service und Unterstützung bereitsteht.

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